3 Jahre Klimanotlage – Teil 3: Interview mit Nora Wolter, Klimaschutzbeauftragte des Bezirk Mitte

Klimaschutzbeauftragte des Bezirk Mitte, Nora Wolter
Klimaschutzbeauftragte des Bezirk Mitte, Nora Wolter (c) Nora Wolter

Im August 2020 hat das Bezirksamt Mitte den Klimanotstand anerkannt und
damit dem Klimaschutz Priorität eingeräumt. In diesem Zuge wurde auch Ihre
Stelle als Klimabeauftragte geschaffen.


Welche Themen konnten sie bisher bei Projekten einbringen?


Das mögliche Themenspektrum ist für mich als Klimaschutzbeauftragte sehr breit.
Klimaschutz und Klimaanpassung haben ungemein viele Facetten. Entsprechend
schaue ich immer danach, welche Aspekte des Klimaschutzes und der
Klimaanpassung in Projekten noch etwas zu wenig bedacht werden.
Genau diese bringe ich dann verstärkt ein. Gerade zu Anfang meiner Tätigkeit hatte
ich das Thema Hitzevorsorge in der Ausgestaltung von Stadträumen stark im Fokus.
Mein Eindruck ist es, dass dieses Thema, zusammen mit dem gesamten Thema der
Klimaanpassungsmaßnahmen in den letzten zwei Jahren in der Öffentlichkeit
inzwischen etwas stärker repräsentiert ist.


Ein großer Teil der bezirklichen Gestaltungsräume liegt im Bereich Planen und
Bauen. An welchen Projekten wurden Sie als Klimabeauftragte beteiligt?


Ich wurde an ziemlich vielen Projekten um Beteiligung gebeten, das klappt in Mitte
wirklich ganz gut. Hier haben wir sogar den Klimabereich bezirksamtsintern als
sogenannten „Träger öffentlicher Belange“ definiert. Dadurch bin ich auf einer Liste
und werde automatisch bei vielen Verfahren in einer formalen Weise durch die
Möglichkeit zur Stellungnahme berücksichtigt. Das wären in erster Linie Verfahren
zur Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen (ca. 5 pro Jahr) und außerdem
auch Verfahren zur Erstellung oder Fortschreibung von sogenannten „Integrierten
Stadtentwicklungskonzepten“ sowie „Integrierten Handlungsentwicklungskonzepten“
und „vorbereitende Untersuchungen“. Insgesamt waren das ca. 15 Konzepte in den
letzten zwei Jahren.
Neben dieser, in Mitte inzwischen etablierten, formalen Beteiligung gibt es aber auch
noch viele informellere Projektbeteiligungen. Hier gab es beispielsweise im Bereich
Planen und Bauen eine Beteiligung bei verschiedenen städtebaulichen Wettbewerben
inkl. vorgeschalteten Werkstattverfahren, bei einem Wirtschaftsflächenkonzept
und bei einzelnen Projekten in Quartieren, beispielsweise dem KlimaKiez Badstraße
oder Pankstraße Kool im Kiez.
Mir persönlich macht es großen Spaß bei solchen Projekten als laute, konstruktive
„Klimaschutz-Stimme“ mitzuwirken. Es muss aber auch allen klar sein, dass der
Belang des Klimaschutzes und der Klimaanpassung einer von mehreren Belange
ist. Andere Aspekte haben ebenfalls ihre Berechtigung und die große Kunst ist es,
möglichst viele Belange möglichst gut zu berücksichtigen und im Optimalfall sogar
Synergien untereinander zu nutzen.


Wie hat sich die Ausrufung des Klimanotstands auf bezirkliche
Entscheidungen, etwa auch bezüglich des Abrisses von Gebäudesubstanz,
ausgewirkt?


Ich bin mir nicht sicher, ob der Ausruf des Klimanotstandes selbst darauf
unmittelbare Auswirkungen hat. Sicher bin ich mir aber, dass die in diesem
Beschluss enthaltene Forderungen sinnvoll sind. Eine dieser Forderungen war die
Etablierung einer Klimawirkungsprüfung von bezirklichen Beschlüssen, zu denen
auch Beschlüsse über den Abriss von Gebäudesubstanz gehören. Diese
Klimawirkungsprüfung wurde als „Klima-Check“ von Mitte als erster Bezirk im Mai
2022 eingeführt und wird konsequent angewandt. Wenn also das Bezirksamt
beschließt, Gebäudesubstanz abzureißen und stattdessen einen Neubau zu
errichten, wird der zugehörige Klima-Check ein negatives Ergebnis haben. Und dass
bei einem solchen Ergebnis eine intensivere Diskussion geführt wird, da bin ich mir
sicher.

JH

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