4.4.2023: „Rückwärtsgewandter Rollback in der Berliner Mitte“ – Stellungnahme der Initiative Offene Mitte Berlin zum Entwurf des Koalitionsvertrages vom April 2023

Kurzfassung

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages stellt einen drastischen Rückschritt gegenüber den bisherigen Planungen und den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag von 2021 dar. Die bisherigen sozialen und ökologischen Ziele der Planungen wurden deutlich heruntergefahren.

-Am Rathausforum droht der Stopp der für 2024 geplanten Umsetzung der klimaresilienten Umgestaltung nach einem Entwurf des Büros RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten. Ein Abbruch dieser fast schon baureifen Planung wäre ein schwerer Schlag gegen einen klimaresilienten Stadtumbau Berlins. Die bisherigen Planungsprozesse wären umsonst gewesen, die Gelder für diese Planungsprozesse wären verloren. Zudem hätte ein Stopp der Planungen in diesem Stadium eine nachhaltige Schädigung der Wettbewerbs- und Planungskultur in Berlin zur Folge. Das Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten hat auf die Verlässlichkeit der Berliner Baupolitik vertraut und erhebliche Planungsleistungen erbracht. Ein Planungsstopp wäre nicht nur ein Vertrauensbruch, er würde auch zu berechtigten Schadensersatzforderungen führen. Welches Büro wird sich künftig noch an Planungen in Berlin beteiligen, wenn so willkürlich mit den Ergebnissen umgegangen wird? Alles in allem wäre dieser Schritt angesichts der weit fortgeschrittenen Planungen und der damit verbundenen Kosten völlig verantwortungslos.

-Am Molkenmarkt sollen die landeseigenen Grundstücke nicht mehr, wie bisher, ausschließlich durch landeseigene Wohnungsgesellschaften bebaut werden. Stattdessen sollen auch „gemeinwohlorientierte“ Bauherren zum Zuge kommen, die aber nicht zu günstigen Mieten verpflichtet werden können. Außerdem wird eine kleinteilige Bebauung gefordert, die die Baukosten und damit die Mieten massiv in die Höhe treiben würde. Deshalb droht der Neubau eines elitären Quartiers mit hochpreisigen Wohnungen anstelle des bisher geplanten klimaresilienten Stadtquartiers mit bezahlbaren Wohnungen und kostengünstigen Räumen für Kunst und Kultur.

-Für die gesamte Berliner Mitte soll ein neuer Masterplan erarbeitet werden.

Dieser Masterplan ist völlig überflüssig, denn für die Berliner Mitte wurden in den letzten Jahrzehnten umfangreiche Planungen mit dem übergeordneten Planwerk Innere Stadt und zahlreichen Teilplänen erarbeitet. Ein weiterer Masterplan ist angesichts dieser Vielzahl von Plänen unnötig. Er würde planerische Ressourcen binden, die anderswo dringender gebraucht werden. Zudem würde der Masterplan zu einem undurchschaubaren Dickicht an Planungen führen und das Bauen in der Berliner Mitte eher behindern.

Alles in allem bedeutet der neue Koalitionsvertrag einen klaren Rückschritt in Bezug auf soziale und ökologische Ziele. Dieser Vertrag trägt keine sozialdemokratische Handschrift. Er ist vielmehr eine Kapitulation vor unsozialen und rückwärtsgewandten Vorstellungen.

Langfassung

Rathausforum / Marx-Engels-Forum

Der aktuelle Stand

Die Umgestaltung des Rathausforums / Marx-Engels-Forums gehört zu den wichtigsten Projekten für einen klimaresilienten Stadtumbau Berlins. Nach den bisherigen Planungen soll das Areal ab 2024 nach einem Entwurf des Büros RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten klimaresilient und nutzerfreundlich umgestaltet werden. Geplant sind die Pflanzung zusätzlicher Bäume, die Schaffung von Flächen für die Regenwasserversickerung und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Außerdem soll der Autoverkehr in den angrenzenden Straßen reduziert werden. Ziel ist die Schaffung einer attraktiven „grünen Lunge“, die in einer immer dichter bebauten Innenstadt von großer stadtklimatischer Bedeutung ist.

Im Bereich Rathausforum / Marx-Engels-Forum hat in den letzten Jahren eine umfangreiche und kostenaufwendige Planungstätigkeit stattgefunden. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben sich in diesem Prozess engagiert. 2015 wurde unter dem Motto „Alte Mitte – neue Liebe“ ein aufwendiges Partizipationsverfahren durchgeführt, bei dem vor allem über die künftige Programmierung des Gebietes diskutiert wurde. An zahlreichen Veranstaltungen und Online-Formaten haben sich insgesamt rund 100.000 Bürger*innen beteiligt. Als Ergebnis wurden 10 „Bürgerleitlinien für die Berliner Mitte“ erarbeitet, die am 9. Juni 2016 von allen Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses beschlossen wurden. 2019/2020 fand dann ein erneutes Partizipationsverfahren statt, in dem über den Auslobungstext für einen freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb debattiert wurde.

Der freiraumplanerische Realisierungswettbewerb fand dann 2021 statt, zum Sieger wurde ein Entwurf des Büros RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten (Köln) gewählt. Der Siegerentwurf sieht eine klimagerechte Umgestaltung des Gebietes als öffentlicher Freiraum vor, bei der Aspekte wie Entsiegelung, Pflanzung zusätzlicher Bäume, Regenwasserversickerung und Aufenthaltsqualitäten eine wichtige Rolle spielen.

Dieser Entwurf fand eine parteiübergreifende Zustimmung. Beispielsweise äußerte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD): 

„Der Entwurf hat uns wirklich sehr überzeugt, weil er sehr wechselseitig ist und weil er eben eine starke Figur macht, begleitet von zwei Stadthainen, in denen alle möglichen Nutzungen noch untergebracht werden können, die in einem partizipativen Verfahren noch näher bestimmt werden.“ (Quelle: Youtube)

„So entsteht nunmehr die Chance, unter dem Vorzeichen von Klimaanpassung und Mobilitätswende die vorhandenen Freiraumstrukturen qualitätsvoll weiter zu entwickeln.“ (Quelle: taz)

Seit Mai 2022 läuft die Ausführungsplanung. Als Bauherr fungiert die Grün Berlin GmbH, die Planung wird gemeinsam mit dem Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten und der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz erarbeitet. Das Vorhaben soll ab 2024 realisiert werden. Die Kosten von 31 Mio Euro sollen vor allem durch GRW-Mittel finanziert werden. Folgerichtig wurde das Projekt im Koalitionsvertrag vom November 2021 verankert. In diesem heißt es:

„Das Rathausforum/Marx-Engels-Forum soll auf der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses als öffentlicher Freiraum zügig partizipativ realisiert werden.“ (S. 11)

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages

Im Entwurf des neuen Koalitionsvertrages wird die Umgestaltung des Rathausforums / Marx-Engels-Forums nicht mehr erwähnt. Zwar hatte die Verhandlungsgruppe der SPD laut Medienberichten die Verankerung des Projektes im Koalitionsvertrag gefordert, diese sei aber von der CDU verhindert worden. Es besteht also die Gefahr, dass das Projekt gestoppt wird, vor allem, weil die CDU die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz leiten soll.

Ein Stopp dieses Projekts hätte gravierende Konsequenzen:

Die bisherigen Planungsprozesse wären umsonst gewesen, die Gelder für diese Planungsprozesse wären verloren.

Ein Stopp der Planungen in diesem Stadium hätte zudem eine nachhaltige Schädigung der Wettbewerbs- und Planungskultur in Berlin zur Folge. Das Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten hat auf die Verlässlichkeit der Berliner Baupolitik vertraut und erhebliche Planungsleistungen erbracht. Ein Planungsstopp wäre nicht nur ein Vertrauensbruch, er würde auch zu berechtigten Schadensersatzforderungen führen. Welches Büro wird sich künftig noch an Wettbewerben in Berlin beteiligen, wenn so willkürlich mit den Ergebnissen umgegangen wird?

Ein Stopp des Projekts wäre aber auch ein Affront gegenüber den vielen Bürger*innen, die viel ehrenamtliche Zeit und Energie in diese Partizipationsverfahren gesteckt haben. Das Vertrauen von Bürger*innen in die Glaubwürdigkeit von Partizipationsprozessen wäre nachhaltig gestört.

Zudem würde dieser wichtige Bereich in der Mitte Berlins weiterhin verwahrlosen.

Bewertung

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages bedeutet eine wesentliche Verschlechterung gegenüber den bisherigen Planungen. Der Stopp des Projekts wäre ein herber Rückschlag für einen klimaresilienten Umbau Berlins. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist ein attraktives Rathausforum aber wichtiger denn je.

Chronologie der bisherigen Planung

  • 2015: Partizipationsverfahren „Alte Mitte – neue Liebe“
    • ergebnisoffenes Verfahren zur Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums
    • zahlreiche Veranstaltungen:
      18.4.2015 Auftaktveranstaltung
      18.4. – 18.5.2015 1. Online-Dialog
      15.6.2015 1. Fachkolloquium
      22.6.2015 2. Fachkolloquium
      4.7.2015 1. Bürgerwerkstatt
      22.8.2015 Partizipatives Theater
      05.9.2015 Halbzeitforum
      26.9.2015 Partizipatives Theater
      28.9.2015 3. Fachkolloquium
      28.9. – 23.10.2015 2. Online-Dialog
      17.10.2015 2. Bürgerwerkstatt
      28.11.2015 Abschlussforum, Formulierung der „Bürgerleitlinien für die Berliner Mitte“
      Weitere Veranstaltungen: Erkundungen, Fahrrad-Rikscha
    • Ergebnis: 10 „Bürgerleitlinien für die Berliner Mitte“

  • 9.6.2016: Beschluss des Abgeordnetenhauses „Bürgerleitlinien für die Berliner Mitte“
    • Zustimmung von allen Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses

  • 2016-2020: Vertiefung durch Fachgutachten
    • 2017: GEO-NET+ / gruppeF: Ökologische und stadtklimatische Untersuchung der Berliner Mitte, Berlin 2017
    • 2017: gruppeF / yellowz: Typisierung des öffentlichen Raumes in der Berliner Mitte, Berlin 2017
    • 2020: gruppeF: Regenwasserbewirtschaftung, Berlin 2020

  • 2019-2020: Partizipationsprozess zur Vorbereitung des Freiraumplanerischen Wettbewerbs
    • zahlreiche Veranstaltungen:
      24.1.2019 Projektwerkraum „Zwischen Experiment und Alltag – Kreativorte für die Berliner Mitte“
      21.3.2019 Projektwerkraum „Von Begegnung bis Rückzug – Rathausforum weiterdenken!“
      22.8. – 21.11.2019 Online-Beteiligung
      August – Oktober 2019: 16 Sondierungsgespräche
      19.9.2019 Projektwerkraum „Hin & Weg – Straßenbahn für das Rathausforum gestalten!“
      22.10.2019 Fachlabor „Nutzungen“
      29.10.2019 Fachlabor „Verkehr“
      14.11.2019 Fachlabor „Geschichte“
      28.11.2019 Projektwerkraum „Rathausforum – Mitte neu denken!“
      4.12.2019 Fachlabor „Resilienz“
      21.1.2020 Stadtlabor „Nutzungen, Bewegen, Orientieren & Sicherheit“
      18.2.2020 Stadtlabor „Mobilität und Grün“

  • 2021: Freiraumplanerischer Wettbewerb
    • 14.1.2021 Veröffentlichung des Auslobungstextes
      22.4.2021 Bürgerbeteiligung 1. Wettbewerbsphase
      17.8.2021 Bürgerbeteiligung 2. Wettbewerbsphase
      19.8. / 20.8.2021 Sitzung Preisgericht, Auswahl des Siegerentwurfs
    • 1. Preis: Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten (Köln)

  • November 2021: Koalitionsvertrag Berlin 2021-2026:
    • „Das Rathausforum/Marx-Engels-Forum soll auf der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses als öffentlicher Freiraum zügig partizipativ realisiert werden.“ (S. 11)

  • Ab 2022: Erarbeitung der Ausführungsplanung durch das Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten (Köln)
    • Mai 2022: Abschluss eines Vertrages zwischen der Grün Berlin GmbH und dem Büro Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten
    • 3. Quartal 2022: Vergabe der Planungsleistungen für Technische Anlagen in Außenanlagen, Be- und Entwässerung sowie dezentrales Regenwassermanagement
    • bis März 2023: Abschluss Vorplanung

  • Geplante Schritte
    • bis März 2024: Abschluss der Genehmigungsplanung
    • ab 2024: Baubeginn

  • Kosten und Finanzierung
    • geschätzte Kosten: 31 Mio €
    • Finanzierung durch GRW-Mittel und Landesmittel

Molkenmarkt

Der aktuelle Stand

Nach den aktuellen Planungen soll auf den landeseigenen Grundstücken am Molkenmarkt ein vielfältiges Quartier mit bezahlbaren Wohnungen und kostengünstigen Räumen für Kunst und Kultur errichtet werden. Als Bauherren sollen die landeseigenen Wohnungsunternehmen WBM und Degewo fungieren. Diese Bauherren wurden gewählt, weil nur landeseigene Wohnungsunternehmen dauerhaft zu bezahlbaren Mieten verpflichtet werden können. Denn die landeseigenen Wohnungsunternehmen sind an die Kooperationsvereinbarung gebunden, nach der 50 Prozent der Wohnungen zu einer Nettokaltmiete von 6,50 Euro und weitere 50 Prozent zu einer Durchschnittsmiete von maximal 11 Euro vermietet werden dürfen.

Auch zum Molkenmarkt wurden bereits erhebliche Planungsleistungen erbracht. Zwischen 2019 und 2021 wurde ein aufwendiges Partizipationsverfahren durchgeführt. Das Ergebnis waren 8 Leitlinien, in denen der Bau bezahlbarer Wohnungen, die Schaffung kostengünstiger Räume für Kunst und Kultur sowie eine klimaresiliente Gestaltung festgeschrieben worden sind. Ein anschließendes Wettbewerbs- und Werkstattverfahren brachte allerdings kein klares Ergebnis, da das Verfahren ohne Auswahl eines Siegerentwurfs beendet wurde. Zudem wurden die Blöcke A und B im Dezember 2022 mittels eines Einbringungsvertrages in das Eigentum der WBM eingebracht. 

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages

Nach dem Entwurf des neuen Koalitionsvertrages soll die Bauherrenstruktur grundlegend verändert werden. Nun sollen – neben den landeseigenen Wohnungsunternehmen – auch andere „gemeinwohlorientierte“ Bauherren zum Zuge kommen. (S. 54) Das Problem bei diesen Bauherren ist, dass der Begriff „gemeinwohlorientiert“ nicht klar definiert ist. Hinter diesem Begriff können sich auch Anbieter teurer Wohnungen verbergen. Zudem können diese Bauherren nicht zur dauerhaften Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen verpflichtet werden. Folgerichtig können „gemeinwohlorientierte“ Bauherren zum Einfallstor für hochpreisige Wohnungen werden. Daher muss die veränderte Bauherrenstruktur ganz klar als Verschlechterung gewertet werden.

Zudem werden im Koalitionsvertrag Forderungen erhoben, die schwer miteinander in Einklang zu bringen sind. Auf der einen Seite wird die Errichtung von bezahlbarem Wohnraum angestrebt, gleichzeitig werden aber auch kleinteilige Strukturen gefordert. (S. 54) Eine kleinteilige Bebauung durch mehrere Bauherren hätte aber wesentlich höhere Baukosten zur Folge als der Bau ganzer Blöcke durch einen Bauherrn. Eine Schätzung des Bezirksamtes Mitte vom September 2021 ging bei einer kleinteiligen Bebauung von Baukosten von 6000 bis 9000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche aus. (Quelle) Unter Berücksichtigung der Baupreissteigerungen in den letzten Monaten muss mit Baukosten von 7000 bis 11000 Euro gerechnet werden. Dermaßen hohe Baukosten würden sich zwangsläufig auf die Mieten auswirken. Da auch gemeinwohlorientierte Bauherren ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaften müssten, würden hohe Baukosten zwangsläufig zu hohen Mieten führen. Folgerichtig ist zu befürchten, dass am Ende nur ein kleiner Teil der Wohnungen als bezahlbare Wohnungen errichtet werden können. Der vorgeschlagene Koalitionsvertrag hätte dann ein elitäres Viertel mit hohen Mieten zur Folge.

Zudem fällt auf, dass im neuen Koalitionsvertrag zu wichtigen Themen keine Aussagen gemacht werden. Es fehlen Aussagen zu Themen, die für die bisherige Planung wichtig waren, wie zu kostengünstigen Räumen für Kunst und Kultur sowie zu einer klimaresilienten Gestaltung.

Bewertung

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages stellt eine deutliche Verschlechterung gegenüber der bisherigen Planung dar. Es besteht die Gefahr, dass die bisherigen Ziele der Molkenmarkt-Planung, wie bezahlbarer Wohnraum, kostengünstige Räume für Kunst und Kultur sowie eine klimaresiliente Gestaltung, aufgegeben werden. Am Ende könnte am Molkenmarkt kein soziales und ökologisches Modellquartier, sondern ein rückwärtsgewandtes Nobelquartier mit teuren Wohnungen entstehen.

Chronologie der bisherigen Planung

  • 12.5.2016: Beschluss des Abgeordnetenhauses zum Bebauungsplan 1-14 Molkenmarkt / Klosterviertel
    • 14.9.2016: Festsetzung des Bebauungsplans 1-14 Molkenmarkt / Klosterviertel

  • 2019-2021: Partizipationsverfahren
    • Ziel: Erarbeitung von Leitlinien für die Nutzung und Gestaltung des Quartiers
    • Durchführung von Präsenz- und Online-Veranstaltungen
    • jede*r konnte sich beteiligen
    • Mai 2021: Ergebnis: 8 Leitlinien, in denen die Entwicklungsziele definiert wurden
    • bezahlbare Wohnungen
    • kostengünstige Räume für Kunst und Kultur
    • klimagerechte Gestaltung
    • Präsentation archäologischer Zeugnisse (z.B. archäologische Fenster)
      (Quelle)
  • 2021-2022: städtebauliches und freiraumplanerisches Wettbewerbs- und Werkstattverfahren
    • 25.8.2021: Veröffentlichung der Auslobung
    • 29./30.11.2021: Sitzung des Preisgerichts für die erste Phase
      • Auswahl von zwei Entwürfen für die Werkstattphase:
        Entwurf von OS arkitekter (Kopenhagen) und czyborra klingbeil Architekturwerkstatt (Berlin)
        Entwurf von Bernd Albers / Silvia Malcovati (Berlin) mit Vogt Landschaftsarchitekten (Zürich)
    • 20.1.2022: Auftaktkolloquium Werkstattverfahren
    • 14.4.2022: Zwischenkolloquium Werkstattverfahren
    • 13.9.2022: Abschlusskolloquium Werkstattverfahren
    • 13.9.2022: Abschlusskolloquium
      • Beendigung ohne Auswahl eines Siegerentwurfs

Masterplan Berliner Mitte

Der aktuelle Stand

Derzeit existiert kein Masterplan für die Berliner Mitte. Im Koalitionsvertrag von 2021 wurde auch kein Masterplan für die Berliner Mitte vereinbart.

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages

Nach dem Entwurf des neuen Koalitionsvertrages soll ein städtebaulicher Masterplan für den Bereich zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor erarbeitet werden. (S. 54)

Bewertung

Für die Berliner Mitte wurden in den letzten Jahrzehnten umfangreiche Planungen erarbeitet. Das Planwerk Innere Stadt definiert die übergeordneten städtebaulichen Strukturen. Auf Basis dieses Planwerks wurden Bebauungspläne für den Molkernmarkt, die Breite Straße, das Humboldtforum und das Friedrichswerder erarbeitet. Weitere Planungen sind das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) für das Nikolaiviertel und Denkmalpflegepläne für das Nikolaiviertel. Zudem wird für das Rathausforum /Marx-Engels-Forum eine Freiflächenplanung erarbeitet, die ab 2024 realisiert werden soll.

Ein weiterer Masterplan für die Berliner Mitte ist angesichts dieser Vielzahl von Plänen völlig unnötig. Er würde planerische Ressourcen binden, die anderswo dringender gebraucht werden. Zudem würde der Masterplan zu einem undurchschaubaren Dickicht an Planungen führen und das Bauen in der Berliner Mitte eher behindern.

Brunnen auf dem Schlossplatz

Der aktuelle Stand

Der Bereich Schlossplatz Süd wurde im Zusammenhang mit dem Bau des Humboldtforums zwischen 2017 und 2021 nach einem Entwurf des Büros bbz Landschaftsarchitekten neu gestaltet. Die Planungen sahen keine Brunnenanlage vor, daher wurde bei den Bauarbeiten auch keine Rücksicht auf eine mögliche Brunnenanlage genommen. Derzeit existieren keine konkreten Pläne für den Bau einer Brunnenanlage auf dem Schlossplatz Süd.

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages

Der neue Koalitionsvertrag sieht eine neue Brunnenanlage auf dem ehemaligen Standort des Neptunbrunnens vor. (S. 54)

Bewertung

Der Bau einer Brunnenanlage auf dem Schlossplatz ist grundsätzlich nicht falsch. Allerdings stellt sich die Frage, ob der Bau einer Brunnenanlage auf dem Schlossplatz wirklich zu den drängendsten Problemen Berlins gehört und ob der dafür nötige Aufwand gerechtfertigt wäre.

Da die Neugestaltung des Schlossplatzes ohne Berücksichtigung einer Brunnenanlage erfolgte, wäre ein erheblicher Aufwand für seinen Umbau nötig. Auf dem ehemaligen Standort des Neptunbrunnens befinden sich heute eine Straße, ein unterirdischer Fernwärmeknoten, neu gebaute Regenwasserkanäle und andere Versorgungsleitungen.

Fernwärmeknoten unter dem ehemaligen Standort des Neptunbrunnens während der Neugestaltung des Schlossplatzes 2019 (c) Initiative Offene Mitte Berlin

Ein Brunnen am ehemaligen Standort des Neptunbrunnens wäre nur möglich, wenn der gerade erst neugestaltete südliche Schlossplatz völlig umgebaut würde. Nötig wären die Verlegung der Straße, die Verlegung des Fernwärmeknotens, die Verlegung der gerade erst neu gebauten Regenwasserkanäle und der Elektroleitungen. Außerdem müssten neue Leitungen für die Wasserversorgung verlegt werden. Schließlich müssten auch die Bankskulpturen und die Laternen versetzt werden. Diese Arbeiten wären sehr zeit- und kostenaufwendig, sie würden rund zwei Jahre dauern und mindestens 7,5 Millionen Euro kosten. (Quelle: Inhaltsprotokoll der Sitzung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten am 4. April 2016, S. 18) Da der südliche Schlossplatz wichtige Funktionen für das Humboldtforum bereitstellt (Behindertenparkplätze, Aufstellflächen für Medienfahrzeuge, Aufstellflächen für Feuerwehrfahrzeuge, Lagerplätze für Materialanlieferung, Stellflächen für Mobilkräne, Fluchtwege etc.), wäre das Humboldtforum in dieser Zeit nur eingeschränkt nutzbar.

Außenanlagenfunktionsplan Humboldt-Forum, Schlossplatz Süd (Quelle: Abgeordnetenhaus )

Fazit

Der Entwurf des neuen Koalitionsvertrages stellt einen wesentlichen Rückschritt gegenüber den bisherigen Planungen und den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag von 2021 dar. Die bisherigen sozialen und ökologischen Ziele der Planungen wurden deutlich heruntergefahren. Er markiert ein rückwärtsgewandtes Rollback und verspricht keine zukunftsgerechte Stadtentwicklung.

Initiative Offene Mitte Berlin

Rückfragen an:

Matthias Grünzig

Mobil: 0159/03602769

E-Mail: mattgrue@googlemail.com

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