Zur Beauftragung von Mäckler Architekten für das Gestaltungshandbuch Molkenmarkt
Dieser Tage wurde bekannt, dass das Land Berlin Christoph Mäckler Architekten Frankfurt Main mit der Erstellung des Gestaltungshandbuchs Molkenmarkt beauftragt hat. Damit hat Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt endgültig das Ergebnis des Wettbewerbsverfahren der Jahre 2021/ 2022 ausgehebelt. Zunächst hatte die im Sommer 2022 frisch berufene Senatsbaudirektorin auf der letzten Preisgerichtssitzung gegen die mehrheitliche Auffassung der Jury verhindert, dass OS arkitekter mit czyborra klingbeil architekturwerkstatt mit dem ersten Preis prämiert wurde. Abweichend vom Auslobungstext wurde kein klarer Sieger benannt, der üblicherweise mit der weiteren Bearbeitung beauftragt worden wäre. Stattdessen wurde mit Mäckler Architekten jetzt ein Büro ausgewählt, welches bereits vor Beginn der zweiten Wettbewerbsphase ausgeschieden war. Der städtebauliche Entwurf entsprach in der Verwendung vermeintlich historischer Raumbilder den ästhetischen Vorlieben der Senatsbaudirektorin, wies jedoch nach Einschätzung der Mehrheit der Jury eine Reihe funktionaler Mängel auf: Zu enge Innenhöfe, kleinteilige, nur eingeschränkt nutzbare Erdgeschosse, fehlendes Stadtgrün, nicht überzeugende Straßenräume, ungenügendes Mobilitätskonzept etc. (siehe Jurybegründung vom 29./30.11.2021).
Entwurf von Mäckler Architekten für den Molkenmarkt
Bild: Hans-Joachim Wuthenow / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Es befremdet, wenn die Senatsverwaltung das Büro für seine angebliche Expertise in kostenbewusstem, sozialem und ökologischem Wohnbau anpreist. Fakt ist, dass Christoph Mäckler als Leiter des Gestaltungsbeirats das Gesicht der Frankfurter Neuen Altstadt mitbestimmt hat. Statt der dort ursprünglich veranschlagten Kosten von 106 Millionen € kostete das Projekt am Ende 272 Millionen Euro. Angesichts der prekären Haushaltslage des Landes Berlin, dem dringenden Bedarf an leistbarem Wohnbau und der notwendigen Klimaanpassung der Stadt setzt der Berliner Senat falsche Prioritäten und opfert damit die Zukunftsfähigkeit Berlins für die bildhafte Reproduktion historischer Straßenansichten.
Besorgnis erregt dieses Vorgehen vor dem Hintergrund einer Deregulierung andernorts. Mit dem neuen § 246e BauGB setzt die Ampel-Regierung auf der Bundesebene eine Deregulierung des Bauwesens durch, die einer qualitätsvollen Stadtentwicklung den Boden entzieht. Während so für den Massenwohnungsbau Projekte ohne Beteilung und Umweltschutzbelange beschleunigt werden sollen, werden exquisite Innenstadtlagen, die nach Vorstellung von Kahlfelds Mitstreitern Wohlhabenden vorbehalten werden sollen, mit größter Akribie geplant. Petra Kahlfeldt hat mit ihren Interventionen am Molkenmarkt die Neubebauung schon um Jahre verzögert, was angesichts des akuten Mangels an bezahlbarem Wohn- und Atelierraum unverantwortlich ist.
Wir fordern die Rückkehr zu einer transparenten und verlässlichen Planungskultur in Berlin, die auf Basis der 2020/2021 erarbeiteten „8 Leitlinien für den Molkenmarkt“ agiert und eine zukunftsorientierte, klimagerechte und soziale Stadtentwicklungspolitik am Molkenmarkt anstrebt. Dafür braucht es verlässliche Planungs- und Genehmigungsverfahren für lebenswerte Stadtquartiere mit viel Grün und bezahlbaren Wohn- und Kulturräumen.