Philipp Oswalt: Förderverein Berliner Schloss verharmlost den Rechtsextremismus

(c) Philipp Oswalt

Als im Oktober letzten Jahres die Würdigung rechtsextremistischer, antisemitischer sowie rechtpopulistischer Spender beim Humboldtforum bekannt und kritisiert wurde, vermied der Förderverein Berliner Schloss eine Positionierung. Ohne Probleme hätte er sich – so wie es die Stiftung Humboldtforum und die Familie Bödecker getan haben – von den Aussagen seiner extremistischen Spender distanzieren können, und damit auch den Ruf des Großteils untadeligen Spender schützen können. Aber das hat er nicht getan. Und nun, acht Monate später, tut er sogar das Gegenteil. Bereits im Februar sprach er von den „angeblich rechtsextremistischen Spendern“ und nun, Ende Mai nahm er dazu ausführlich inhaltlich Stellung, 40.000 mal gedruckt als neue Ausgabe des vereinseigenen Berliner Extrablatt. Der Geschäftsführer des Fördervereins Wilhelm von Boddien bekennt sich hierin ausnahmslose „ohne jede Einschränkung zu unseren Spendern“[1]. Von der neurechten Zeitung „Jungen Freiheit“ wird es daher für seine große Standhaftigkeit gerühmt.[2]

Das zuvor kritisierte wird teilweise bagatellisiert, teilweise in Abrede gestellt. Der Förderverein leugnet den dokumentierten Antisemitismus seines Spenders Bödecker. In einem Gegenangriff wirft er Philipp Oswalt, der diesen Sachverhalt öffentlich gemacht hat, vor, diesen Vorwurf durch Fälschung von Zitaten erfunden zu haben. Mit seiner Leugnung von antisemitischen Äußerungen seiner Spender leistet der Förderverein Berliner Schloss solchen antisemitischen Haltungen Vorschub und schützt diese vor notwendiger Kritik. 

Doch das ist nicht alles. Vereinsvorsitzender Richard Schröder behauptet, Rechtsextremismus sei „viel zu schwammig für ein Ausschlusskriterium“.[3] Er nimmt die AfD und die Zeitschrift „Junge Freiheit“ vor Kritik in Schutz[4] und findet es völlig normal, wenn man in einer Zeitschrift publiziert, in der auch Holocaustleugner publizieren.[5] Er sieht in der Leugnung des Holocausts eine Meinungsäußerung, deren Verbot er als Einschränkung der Meinungsfreiheit problematisiert.[6]

Doch geht es bei der Leugnung des Holocausts selbstverständlicher Weise nicht um eine Meinung, sondern um eine bewiesene historische Tatsache. Der Holocaust ist ein empirisch wissenschaftlich belegter und von Gericht festgestellter Fakt.[7] Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil zur Holocaustleugnung im Juni 2018 festgestellt: „Die Verbreitung erwiesen unwahrer und bewusst falscher Tatsachenbehauptungen kann nicht zur Meinungsbildung beitragen und ist als solche nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.“[8]

Richard Schröder relativiert mit seinen Äußerungen Holocaustleugnungen. Diese als eine Frage der Meinung und nicht der Tatsachen darzustellen, ist eigentlich schon der Beginn einer Holocaustleugnung. Zumindest öffnet er einer solchen Tor und Tür.

Mit der in letzter Zeit aufgetretenen Kritik an Kuppelspruch, Kuppelkreuz und rechtsradikalen Spendern hat der Förderverein sein bislang fast stets jovial-staatsmännisches Auftreten abgelegt.

Ganz gezielt und bewusst äußert sich der Verein nun „politischer“ als zuvor.[9] Der Förderverein ruft einen „Kulturkampf“ aus, spricht von „überhitztem Säkularismus“, Verlust „abendländischer Identität“, einem „Akt der Tyrannei“ und „kollektiver Amnesie“, gar „Gehirnwäsche“[10] und kritisiert die „deutschen Leitmedien“.[11] Zugleich liegt für ihn die Relevanz des Neubaus des Schlosses darin, sich diesen Fehlentwicklungen entgegenzustemmen. Die „Radikalmoderne“ wird einem pauschalen Bashing unterzogen und als quasi entartet dargestellt.[12] Als „bedrückendes Beispiel“ wird Daniel Libeskinds Umgang mit dem Altbaubestand am Jüdisches Museum in Berlin kritisiert.[13]

Wenig überraschend hat er mit seinen Äußerungen eine enorme positive Resonanz bei Neuen Rechten und Rechtsextremen gefunden. Die Veröffentlichung des Berliner Extrablatts hat in diesen Kreisen zu einer wahren Welle von Veröffentlichungen geführt, welche in der Kritik an den antisemitischen Spender einen „totalitären Kampf“ und eine „Kulturrevolution“ (Junge Freiheit) am Werk sehen.

Die AfD- und Pegida-Unterstützerin Vera Lengsfeld griff Richard Schröders Äußerungen auf, machte sich diese zu eigen und verbreitete sie auf mehreren Onlinemedien weiter.[14] In den Leserkommentaren ist hier u.a. zu lesen: „Es wird Zeit Oswalt an den Pranger zu stellen.“

Die Zeitschrift „Junge Freiheit“ machte in seinem Online-TV den „Kampf ums Berliner Schloss“ zum „Thema der Woche“, übernahm Richard Schröders diffamierenden Äußerungen und verbreitete diese auch zustimmend in ihrer Printausgabe.[15] Ebenso griff die rechtspopulistischen bis rechtsextremistischen Spektrum zugeordneten Internetzeitung Epoch Times[16] das Statement auf.


[1] Berliner Extrablatt Nr. 97,  S. 1, :https://berliner-schloss.de/aktuelle-infos/berliner-extrablatt

[2] JF-TV, Kampf ums Berliner Schloss, 17.6.2022, veröffentlicht auf youtube.com

[3] Berliner Extrablatt, S. 5

[4] ebenda, S.7

[5] ebenda, S. 6

[6] ebenda, S. 6

[7] Siehe dazu das Urteil des Londoner High Court im Prozess Irving gegen Lipstadt, 2000. https://webarchive.nationalarchives.gov.uk/ukgwa/20021216145054/http://www.courtservice.gov.uk:80/judgmentsfiles/j22/queen_irving.htm

[8] Beschluss vom 22. Juni 2018, 1 BvR 673/18, siehe dazu https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/bvg18-067.html

[9] von Boddien, Extrablatt S. 1

[10] S. 35/36

[11] S. 49

[12] ebenda, insbesondere S. 23- 26, Bildpaar S. 26

[13] S. 26

[14]  https://vera-lengsfeld.de/2022/06/15/gesinnungsschnueffelei-statt-rechtsstaatlichkeit/,http://neuebürgerzeitung.de/ https://www.freiewelt.net/blog/gesinnungsschnueffelei-statt-rechtsstaatlichkeit-10089571/,

https://theplattform.net/de/kanal/reitschuster-de/gesinnungsschnuffelei-statt-rechtsstaatlichkeit

Siehe auch https://www.stadtbild-deutschland.org/forum/index.php?thread/8116-berliner-schloss/&postID=390147&highlight=Oswalt#post390147

[15] 17.6.2022, S. 1 und 14

[16] https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/berliner-schloss-humboldt-forum-fordert-gesinnungsueberpruefung-der-spender-a3855065.html#

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