
| Anhand von zwei vom Senat geplanten Wohnbauprojekten – der Innenhofbebauung für Geflüchtete mit 99 Wohnungen im Bereich zwischen Kavalierstraße 19C / Ossietzkystraße 28 in Pankow und einem Wohnquartier mit 600 Wohnungen auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Reinickendorf, wird die Diskrepanz zwischen Planung, Senat und den Möglichkeiten des Klimaschutzes und einer sozialen Stadtentwicklung beschrieben. Beide Wohnungsbauvorhaben werden von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau gegen den ausdrücklichen Willen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, vertreten durch die Initiativen „Grüner Kiez Pankow“, sowie „Erhaltung des Wittenauer Stadtwaldes“ und Ka-Bo-N: Öko!Logisch! Jetzt: „STERNHÄUSER RETTEN“ (Haus 24, 25 Rudolf-Klaue-Haus, Bild oben vom 13.10.2025), vorangetrieben. Diese haben alternative Vorschläge vorgetragen, die weniger Baumfällungen zur Folge hätten und besonders erhaltenswerte Bausubstanz, wie die Sternhäuser von Hänska Architekten, erhalten. Die Mitglieder des Bündnis Klimastadt Berlin 2030 und die Vertreter:inenn der Initiativen formulieren folgende Forderungen: Elisabeth Broermann, Architektin, A4F, Mitglied im Bündnis Klimastadt Berlin 2030: „Der sogenannte Bau-Turbo mag nach Pragmatismus klingen, doch er beschleunigt die falschen Prozesse: Neubau auf neuen Flächen, während bestehende Gebäude verfallen, leer stehen oder energetisch unzureichend sind. Das ist weder klimagerecht noch sozial. Wir brauchen keine neue Betonoffensive – wir brauchen eine Umbauoffensive. Bestandsertüchtigung, Aufstockung, Leerstandsaktivierung, statt Neubau auf bisher unversiegeltem Boden und in notwendigen Grünräumen, muss das Leitbild sein. Gerade die Bezirke stehen hier in der Verantwortung. Sie müssen die Bau-Turbos nicht anwenden, wenn sie das nicht wollen. Sie können sich positionieren – für klima- und sozialgerechtes Handeln. Wenn sie Bauprojekte auf Freiflächen oder in Parks zulassen, opfern sie wertvolle ökologische Infrastruktur: Bäume, Böden, Lebensräume für Tiere und wichtige Rückzugsorte für Menschen. Diese Grünflächen sind keine Reserveflächen für Wohnungsbaugesellschaften, sondern Teil der klimaresilienten Stadt, die wir dringend brauchen. Besonders widersprüchlich wird es, wenn städtische Gesellschaften dort bauen, wo sie es nur tun, weil ihnen das Grundstück bereits gehört. Eigentum allein darf kein Argument für Bebauung sein – schon gar nicht im Klimanotstand. Eigentum verpflichtet, sagt Artikel 14 des Grundgesetzes. Diese Verpflichtung gilt auch für öffentliche Eigentümer: Sie müssen mit gutem Beispiel vorangehen und zuerst in den vorhandenen Bestand investieren. Der Bauturbo muss zum Umbauturbo werden.“ Theresa Keilhacker, Architektin, Mitglied im Bündnis Klimastadt Berlin 2030: „Nach dem Leitbild ,Bestandsertüchtigung vor Neubau´ setzen wir uns für die Ertüchtigung der Sternhäuser auf dem Klinikgelände der ehem. Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik ein. Sie stellen ein wertvolles baukulturelles Zeugnis dar, das es dringend zu erhalten und behutsam zu ertüchtigen gilt. Auch für den grünen Innenhof des Gründen Kiezes Pankow gilt: Klimaresilienz geht vor Versiegelung! Wir machen mit unserem 7-Eckpunkte-Papier und den Wahlprüfsteinen 2025 ein Angebot an die Stadtpolitik für alle weiteren Entwicklungen, um den Wandel Berlins zu einer ökologischen und sozialen Modellstadt aktiv und gemeinschaftlich voranzutreiben.“ Florian Köhl, Architekt, Mitglied im Bündnis Klimastadt Berlin 2030: „Wir haben am Ufer der Spree die Genossenschaft Spreefeld kooperativ entwickelt, mit drei baugleichen Holz-Beton Hybridgebäuden und maximaler Nutzungsmischung: neben einer Kita und den im Selbstbau entstandenen öffentlichen Optionsräumen sorgen die gewerblich genutzten Einheiten für eine lebendige, doppelgeschossige Erdgeschosszone. Darüber beginnen diverse Angebote für unterschiedlichste Wohnformen, von Miniwohnungen mit 25m2 bis hin zu Wohngemeinschaften bis 600m2. Das Grundstück bleibt mit dem Zugang zur Spree öffentlich, jedem Haus stehen neben einer Gemeinschaftsterrasse vertikale Gärten an den Wohnungen zur Verfügung.“ Britta Krehl, Grüner Kiez Pankow: „Statt mit völlig überhöhten Wohnungsbau-Zielzahlen Traumkulissen zu bauen, müssen – unter Einbeziehung der Fachexpertise vor Ort – zukunftsfähige und lebensfreundliche Quartiere entwickelt werden. Im Grünen Kiez Pankow könnten in den 70 Wohnungen der bezirklichen Planungsalternative schon neue Nachbarn wohnen und es bliebe noch Platz für soziale Begegnung, Kinderspiel und Erholung. Der Bauverhinderer ist Senator Gaebler, der mit Trillerpfeife und Platzverweis nachhaltige Quartiersentwicklung vom Feld verweist.“ Axel Matthies, Berliner Bündnis Nachhaltige Entwicklung (BBNS): „Das BBNS kämpft mit 47 Initiativen weiter aktiv für eine klima- und menschenfreundliche, nachhaltige Stadt. Seit Anfang Oktober sind wir damit befasst, geplante Baumfällungen für Bauprojekte zu verhindern. Bauen und Nachhaltigkeit müssen sich nicht ausschließen. Wir sehen hier am Beispiel Spreefeld, dass es möglich ist. Der politische Wille muss vorhanden sein. Nachhaltigkeit ist kein Billigprojekt. Unser Bündnis steht nicht generell gegen Nachverdichtungen, aber gegen jene, die die Lebensbedingungen der Bestandsmieter signifikant beeinträchtigen. Dazu sind wir nach §34 BauGB berechtigt. Dieses Recht nehmen wir uns, als Bürger schützen wir unsere Stadt. Wir fordern vom schwarz-roten Senat und den landeseigenen Wohnungsgesellschaften endlich Gesprächsbereitschaft. Verlassen Sie Ihr Schneckenhaus und hören Sie uns zu! Es geht um Berlin.“ Claudia Schasiepen, „STERNHÄUSER RETTEN“: „Für die Sternhäuser (Haus 24 und 25, Rudolf-Klaue-Haus), die gerade schadstoffsaniert werden, muss es ein Abrissmoratorium geben. Der Entwurf des Ehepaars Hänska Architekten (die u.a. auch den Mäusebunker, sowie die Bruno-Lösche-Bibliothek entworfen haben), stellt eine geniale Grundlage für die bauliche Ergänzung des Maßregelvollzugs (KMV) mit ca. 60 Plätzen dar. Das KMV ist zurzeit mit ca. 120 Patient*innen überbelegt. Wir brauchen dringend ein unabhängiges Gutachten für das Klinikgelände, das die Klinikgeschichte nach 1945 mit einbezieht. Wir setzen uns für den Wechsel vom Grau- zum Grünbereich des Art.1 GG ab 2027 ein. Die Patient*innen des KMV könnten 2027 in die Sternhäuser einziehen. Mit einem klugen Konzept könnten die Bäume erhalten, sogar durch entsprechende Stachelbegrünung der Fassaden, die ökologische Wirkung vervielfacht werden. Wir fordern, die 53 Millionen Euro für die Sternhäuser umzuwidmen, die für die Erweiterung des KMV in das Haus 8 und das Haus 10 auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik vorgesehen sind. Mit diesem Geld macht sich die Berliner Senatsverwaltung einen schlanken Fuß vor dem Landesdenkmalamt ohne die Bedürfnisse der Patient*innen des KMV zu berücksichtigen. Diese wären wesentlich besser und schneller in der genesungsfördernden Architektur der Sternhäuser untergebracht. Allgemein gilt: Hitzeschild statt Hitzestau durch die geplante Wohnanlage der Gesobau. Schutz von Kulturgut, Natur, Gemeinwohl und Gesundheit – ,Justice for the weakest!´“ Ortstermin Berlin Spreefeld am 22. Oktober 2025 Kritik am „Bau-Turbo“: Weniger Neubau, mehr Bestandserhalt https://taz.de/Kritik-am-Bau-Turbo/!6122206/ |


