Zum Abschluss der Rekonstruktion am Humboldt Forum: Initiative Schlossaneignung fordert offenen Wettbewerb für den bislang vom Förderverein genutzten Raum

02.07.2025 | Mit der Aufstellung der Balustradenfiguren auf der Lustgartenfassade findet die Rekonstruktion der historischen Fassaden des ehemaligen Berliner Schlosses ihren Abschluss. Im Verlauf der zwei Jahrzehnte seit dem Bundestagsbeschluss haben sich die einst hochfliegenden Hoffnungen und vollmundigen Versprechungen nicht erfüllt. Das Projekt wirkte – anders als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder 1999 prognostizierte – nicht „außerordentlich befriedend und damit auch befriedigend.“

Nein, die Schlossfassaden als Deckerinnerung verdrängen die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts und idealisieren den Imperialismus Preussens und des Kaiserreichs. Die neokoloniale Instrumentalisierung der sogenannten „außereuropäischen Sammlungen“ zu ihrer Legitimierung erwies sich aufgrund der Provenienzproblematik als Bumerang und ist gescheitert. Der Gebäudekomplex ist für viele nicht zu dem angekündigten positiv besetzten Ort gesellschaftlicher Selbstvergewisserung geworden.

Im Abschlussbericht der Internationalen Expertenkommission von 2002 hieß es, das Humboldt-Forum solle „Ort des Dialogs, der bürgerschaftlichen Teilhabe und der gleichrangigen Zeitgenossenschaft der Weltkulturen“ sein. Es solle die „bürgerschaftliche Mitte der deutschen Hauptstadt“ werden, hier solle es um „die Interessen der Bürgerinnen und Bürger an ihrem gegenwärtigen Leben auf dem Weg in die Zukunft“ gehen. Davon hat sich so gut wie nichts erfüllt.

Der einst gefeierte Gründungsintendant Neil MacGregor sah im Humboldt Forum die „Chance, die ganze Welt neu zu denken“. Doch anstatt erneut darüber zu phantasieren, wie die Welt am Deutschen Wesen genesen möge, täte es not, bei sich selbst anzufangen und das Humboldt Forum neu zu denken. Ein zentrales Manko dieses nationalen Kulturprojektes ist eine Krise der Repräsentation.

Mit Bundestagspetition und Wettbewerb adressierte unsere Initiative Schlossaneignung im vergangenen Jahr das Problem der Fassade und der Repräsentation von Geschichte. Wir zeigten auf, wie durch ein Weiterbauen bislang Verdrängtes sichtbar gemacht und einem inklusiveren und komplexeren Verständnis des Ortes Ausdruck gegeben werden kann. Doch der Bundestag hat die Petition bislang nicht beantwortet, die Stiftung das Ideenangebot ignoriert und stattdessen einen eigenen Fassadenwettbewerb durchgeführt, der mangels Substanz nichts anderes ist als eine oberflächliche Eventisierung.

Dabei wäre es an der Zeit, den Ansatz der Schlossaneignung weiterzudenken. Mit dem Abschluss der Fassadenrekonstruktion läuft zum Jahresende auch der Nutzungsvertrag des Fördervereins Berliner Schloss e.V. für die Räumlichkeiten der Tourist-Info im Schlüterhof aus. Nachdem man über viele Jahre dem fragwürdigen Verein, der sich bis heute nicht von seinen rechtsradikalen und antisemitischen Spendern und Unterstützern distanziert hat, Raum überlassen hat, sollten nun andere zivilgesellschaftliche Akteure zum Zuge kommen.

Wir fordern die Stiftung Humboldt Forum auf, von nun an alle fünf Jahre einen Wettbewerb für die Trägerschaft und Nutzung des Raums auszuloben, der von einer unabhängigen, internationalen und divers besetzten Jury entschieden wird. Das Raumangebot sollte mit angemessenen Programmmitteln verbunden werden. Die einzige Chance, die einst versprochene Teilhabe und den Diskurs an diesem Ort zumindest ansatzweise zu verwirklichen, besteht darin, hier einen Ort zu schaffen, der außerhalb der Governance des Stiftung Humboldt Forum und ihres Stiftungsrates liegt und somit anderen Akteuren und Perspektiven Raum gibt.

Initiative Schlossaneignung

  • Christoph Balzar
  • Tina Born
  • Elisabeth Broermann
  • Ole Frahm
  • Theresa Keilhacker
  • Anna Krenz
  • Philipp Meuser
  • Henrike Naumann
  • Anh-Linh Ngo

  • Philipp Oswalt
  • Fred Plassmann
  • Agnieszka Pufelska
  • Yvonne Rothe

  • Steffen Schuhmann
  • Ulrike Steglich
  • Alexander Stumm
  • Raul Walch
  • Jürgen Zimmerer

Dieses Statement findet sich auch auf der Website:

https://schlossaneignung.de/news/zum-abschluss-der-rekonstruktion-am-humboldt-forum/

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